Buchtipp

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Zwei Seiten der Wiedervereinigung Deutschlands

Welche Rolle spielte die Bevölkerung der DDR bei der Wiedervereinigung Deutschlands? Und welche der westdeutsche Imperialismus? Diese und andere Fragen beantwortet Willi Dickhut in seinem Buch „Sozialismus am Ende?“

Zwei Seiten der Wiedervereinigung Deutschlands

Die Folgen für die Lebenslage der DDR-Bevölkerung wurden zunehmend unerträglich, und die bürokratischen Schikanen stachen immer mehr ins Auge.

Niemand in der DDR litt Hunger, so gut wie jeder, der wollte, fand auch einen Arbeitsplatz – trotzdem staute sich die Wut über Willkür, Arroganz und offensichtliche Unfähigkeit der herrschenden Bürokraten. Vor allem die politische Gängelung der Menschen, die kleinkarierte, spießerhafte Angst vor jedem kritischen Ton erzeugte Verbitterung und Verzweiflung.

Noch vor der Gründung der SED hatte die KPD im Juni 1945 zur Mitschuld des deutschen Volkes am II. Weltkrieg und auch zu ihren eigenen Fehlern Stellung genommen.

Im Widerspruch zu dieser Haltung schwangen sich jedoch manche Kommunisten zu Richtern über das Volk auf, pochten auf ihre antifaschistischen Verdienste und trennten Kritik und Selbstkritik. …

Sozialismus am Ende?

Welche Rolle spielte die Bevölkerung der DDR bei der Wiedervereinigung Deutschlands? Und welche der westdeutsche Imperialismus? Diese und andere Fragen beantwortet Willi Dickhut in seinem Buch „Sozialismus am Ende?“

150 Seiten

4,60 €

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Auch Erich Honecker, der gerne seine antifaschistische Vergangenheit herausstellte, hatte alle notwendige Selbstkritik und Bescheidenheit sehr schnell hinter sich gelassen. Seine empörenden Äußerungen angesichts der massiven Fluchtwelle aus der DDR 1989 („Wir weinen ihnen keine Träne nach“) brachten das Faß schließlich zum Überlaufen.

Daß die Überheblichkeit der SED-Führer jedoch längst mit der Angst vor der eigenen Bevölkerung vermischt war, zeigte der Ausbau des immensen Stasi-Spitzelapparats, der über sage und schreibe 4 der 17 Millionen DDR-Bürger Vermerke anfertigte. …

Zugleich wurde deutlich, daß die SED-Führung isoliert dastand. Das Gelingen der (vom Westen angeheizten) Fluchtbewegung bewies den Menschen, daß die Zeit für die Erkämpfung demokratischer Rechte gekommen war. In zunehmend größeren Massendemonstrationen verbreiteten sich die Forderungen nach freien Wahlen, mehr Demokratie, Reisefreiheit und Beendigung der bürokratischen Gängelung. Das neue Selbstbewußtsein fand seinen Ausdruck in der Losung: „Wir sind das Volk!“ …

Auch das deutsche Monopolkapital war über die konkrete Entwicklung in der DDR überrascht – das zeigen die politischen Verlautbarungen und Pläne aller bürgerlichen Parteien vor dem Aufschwung der Volksbewegung. Das rasche Reagieren auf die neue Situation und das anschließende Tempo der „Einverleibung“ der DDR war deshalb kein Ausdruck einer Großdeutschlandpolitik“, wie die MLPD zunächst annahm. Als „Exportweltmeister“ kann der BRD-Imperialismus aktuell kein Interesse an einer Schürung internationaler Spannungen und kriegerischer Eroberungen haben. Wirkungsvoller ist die wirtschaftliche Durchdringung „auf leisen Sohlen“, was ihn nicht davon abhält, sich in ausgebrochene Konflikte einzumischen wie im Fall Jugoslawien. Auch die Wahrnehmung der einmaligen Chance zur Übernahme der DDR wurde ohne Zögern wahrgenommen. …

Zweifellos kommt den Massen die entscheidende Rolle bei der Wiederherstellung der deutschen Einheit zu. …

Die Schwäche der Volksbewegung bestand jedoch darin, daß in ihr nicht die Arbeiterklasse zur führenden Kraft wurde. Das zeigte sich im Verlauf der Bewegung an den Kampfformen, bei denen der Streik keine Rolle spielte. Das zeigte sich vor allem daran, daß die Macht nahezu nahtlos in die Hände des westdeutschen Monopolkapitals überging.