Interview

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Fragen an Gabi Fechtner zu 40 Jahre MLPD

Gabi Fechtner, Vorsitzende der MLPD, gab der Rote Fahne Redaktion ein aktuelles Interview, das wir an dieser Stelle vorab dokumentieren.

Fragen an Gabi Fechtner zu 40 Jahre MLPD
Gabi Fechtner

Rote Fahne: Weltkriegsgefahr, Umweltkrise, Rekordinflation ... – gibt es da nicht Wichtigeres, als 40 Jahre MLPD zu feiern?

Gabi Fechtner: Im Gegenteil, das passt sogar wunderbar in die Landschaft. Die Massen kommen angesichts der Phase der beschleunigten Destabilisierung des imperialistischen Weltsystems zunehmend in Widerspruch dazu. Denn wenn es seine Politik so weitertreibt, führt das in einen Dritten Weltkrieg. Aber es gibt auch eine andere Option! Sie bedeutet, gerade jetzt den Weg der internationalen sozialistischen Revolution zu stärken. Diesen Weg repräsentiert unter den deutschen Parteien nur die MLPD!

Die Feierlichkeiten zu 40 Jahre MLPD geben vielen Leuten die Möglichkeit, sie kennenzulernen oder besser kennenzulernen – und gehören damit zur Bewusstseinsbildung in dieser Zeit. Besonders für junge Leute sind solche Ereignisse ein Anziehungspunkt. Im Sinne unserer Art des Generationswechsels ist das eine einmalige Gelegenheit, von den jahrzehntelangen Erfahrungen zu lernen. Wir werden auch eine Mitgliederwerbeinitiative durchführen, denn ich bin fest überzeugt, dass unser Jubiläumswochenende viele anregen wird, Mitglied in der MLPD oder ihrem Jugendverband REBELL zu werden. Wir haben die drei Tage bewusst so konzipiert, dass eine massenhafte Teilnahme möglich ist. Statt nur einer Großveranstaltung kann man bei vielen Veranstaltungen mit Kultur, Feiern und Ausstellungen die vielseitigen Facetten der MLPD, ihre Positionen, Methoden und Repräsentanten kennenlernen. Diese persönliche Erfahrung ist gerade angesichts der antikommunistischen Diskreditierung der MLPD bedeutend. Das kann gar nicht jede Ortsgruppe so allseitig leisten. Vor allem aber gilt es, 40 erfolgreiche Jahre im Aufbau der Partei neuen Typs zu feiern!

Rote Fahne: Ihr berichtet von 80 internationalen Teilnehmern aus 30 Ländern. Wie erklärt sich das große Interesse?

Gabi Fechtner: Nach den strengen pandemiebedingten Beschränkungen freuen sich viele Genossinnen und Genossen aus aller Welt und die MLPD, sich wiederzusehen.

Die MLPD ist auch in der internationalen revolutionären Bewegung ein besonderes Phänomen: Eine marxistisch-leninistische Partei in einem Kernland des Imperialismus und des Antikommunismus, die sich an keiner Frage verbogen hat und fest unter der Arbeiterklasse verankert ist. Die prinzipienfest ist, bezogen auf die Grundsätze des Marxismus-Leninismus. Zugleich modern, bezogen auf seine ständige schöpferische Anwendung und Weiterentwicklung.

Dafür stehen die bislang 37 Ausgaben unseres theoretischen Organs REVOLUTIONÄRER WEG, die das Rückgrat und die Leitlinie des Aufbaus der Partei neuen Typs sind.

An diesem System REVOLUTIONÄRER WEG oder aktuell der Broschüre „Der Ukrainekrieg und die offene Krise des imperialistischen Weltsystems“ gibt es auch international deutlich wachsendes Interesse. Immer öfter werden unsere Veröffentlichungen von anderen Parteien selbst übersetzt und als Hilfe für ihre Arbeit gesehen. Auffällig ist, dass auch Parteien über das marxistisch-leninistische Lager hinaus kommen werden. So eine Reihe Parteien, die im neorevisionistischen solid-netzwerk sind, sich aber zunehmend an revolutionären Positionen orientieren beziehungsweise es sehr schätzen, mit der MLPD zu diskutieren. Es kommen auch Parteien, die derzeit im Brennpunkt stehen, so aus Russland, der Ukraine, Sri Lanka oder dem Iran. Das verspricht, spannend zu werden.

Rote Fahne: Als die MLPD gegründet wurde, unkten bürgerliche Medien von einer „Totgeburt“. Vermutlich wirst du widersprechen?

Gabi Fechtner: Natürlich! Solche Schreiberlinge konnten die MLPD wohl nicht von der kleinbürgerlichen ML-Bewegung unterscheiden. Als die MLPD 1982 nach fast 15 Jahren Vorbereitungsarbeit ihren Gründungsparteitag durchführte, befand sich diese kleinbürgerliche ML-Bewegung in den letzten „Zuckungen“. Aber die MLPD war von Anfang an als Kritik daran gegründet worden. Ihre Gründung kennzeichnet einen Sieg der proletarischen Linie über die bürgerliche Ideologie, wie Revisionismus, Opportunismus oder Anarchismus und die kleinbürgerliche Denkweise. Unsere 40-Jahr-Feiern werden besonders auch diesen weltanschaulichen Kampf als Erfolgsmodell verankern. Wer diesen verdrängt, wird gerade angesichts der derzeitigen Flut an weltanschaulichen Verwirrmanövern untergehen!

Insbesondere aufgrund ihrer ideologisch-politischen Arbeit konnte die MLPD am Sozialismus und Kommunismus als gesellschaftliches Ziel festhalten. Das zeigt Wirkung! Ein Schlaglicht darauf ist, dass Anfang des Jahres die Wirtschaftswoche besorgt schrieb: „Kaum jemand ist so antikapitalistisch wie die Deutschen.“¹

45 Prozent der Menschen in Deutschland erklären in Umfragen, dass sozialistische Ideale „wertvoll für den gesellschaftlichen Prozess“² sind. Und das nach Jahrzehnten antikommunistischer Hetze! Daran haben wir zweifellos maßgeblichen Anteil. Welche Partei sonst tritt für den Sozialismus ein? Parteien wie „Die Linke“ haben längst keinen sozialistischen Anspruch mehr, Revisionisten wie die DKP sind in zahlreiche Lager zerstritten und oft kaum handlungsfähig. Reformismus und Revisionismus sind schwer in der Krise. Die MLPD wurde eine gefestigte revolutionäre Arbeiterpartei. Es war von Anfang an ihr Profil, ihre Hauptkampflinie auf Betrieb und Gewerkschaft zu legen. Sie hat viele geschichtsträchtige Streiks und Arbeiterkämpfe geprägt. Viele bürgerliche Medien, Freunde und Feinde registrieren heute, oft zumindest respektvoll, dass sich die MLPD seither nicht nur gehalten, sondern in ihrem gesellschaftlichen Einfluss deutlich gestärkt hat.

Wenn man die letzten 40 Jahre beurteilen will, muss man von proletarischen, nicht bürgerlichen Kriterien ausgehen. Nach letzteren könnte man den Weg der Grünen, die ja auch in dieser Zeit entstanden, als erfolgreicher bezeichnen. Dahin hat sie allerdings vor allem ihr ausgeprägter Opportunismus und ihre Entwicklung zur Monopolpartei gebracht. Gerade das, verbunden mit einem demagogischen Nimbus als ökologische und fortschrittliche Partei, macht sie für das Monopolkapital in Deutschland interessant.

Der MLPD wurde dagegen nichts geschenkt und sie hat sich ihren ganzen Weg hart, aber stets optimistisch erarbeitet. Was man in rauem Klima erkämpft, hat Bestand und ist nicht so leicht zu erschüttern. Darauf können wir stolz sein! Es ist nicht unser Ding, das Fähnchen nach dem Wind zu hängen. Vielleicht ist es ein manchmal schwerer und auch langsamer Weg, aber wenn es der richtige ist, muss man ihn auch auf steinigem Grund gehen – und wird zum Ziel gelangen!

Natürlich konnten wir in Deutschland den Sozialismus noch nicht erkämpfen und die MLPD ist keine Massenpartei. Das hat vor allem objektive Gründe, während wir auch ständig an der Überwindung noch vorhandener subjektiver Schwächen kämpfen. Das System der kleinbürgerlichen Denkweise, das inzwischen sogar zur hauptsächlichen Regierungsmethode wurde, erwies sich als zeitweise wirksame Antwort der Herrschenden auf die wachsende Krisenhaftigkeit des Kapitalismus. Das gilt vor allem für den modernen Antikommunismus mit seiner „Maoismus“- und „Stalinismus“-Hetze. Die Lehre von der Denkweise hat uns wiederum das Werkzeug in die Hand gegeben, um den Kampf um die Denkweise in der Partei, unter den Massen und in der internationalen Bewegung richtig auszutragen. Das trägt Deutlich dazu bei, auch die Wirkung des Systems der Kleinbürgerlichen Denkweise zu schwächen.

Rote Fahne: Ihr wollt die 40-­Jahr­-Feiern auch nutzen, um Willi Dickhuts Lebenswerk zu verbreiten?

Gabi Fechtner: Willi Dickhuts wesentlicher Auftrag war ja, eine „Partei neuen Typs“ aufzubauen und Lehren aus dem Verrat am Sozialismus zu ziehen. Als Vordenker und Mitbegründer der MLPD hat er dafür mit der Analyse der Restauration des Kapitalismus in den früheren sozialistischen Ländern und Schlussfolgerungen für verschiedene Prinzipien des Parteiaufbaus die Weichen gestellt. Geprägt wurde die Partei neuen Typs wesentlich von Stefan Engel, der von der Parteigründung bis 2017 Parteivorsitzender war und heute die Redaktion REVOLUTIONÄRER WEG leitet.

Die MLPD, deren Mitglieder zu über 70 Prozent Arbeiter ausmachen, hat über Jahrzehnte typische Markenzeichen herausgebildet: Ihre stets entsprechend den Zeichen der Zeit weiterentwickelte ideologisch-politische Linie, ein ganzes System der Selbstkontrolle, die proletarische Streitkultur, selbstlosen Einsatz, freiwillige Disziplin, Kampfmoral und unerschütterlichen Optimismus, Zusammenarbeit von Parteiführung und Basis auf Augenhöhe, Solidarität und  Freundschaft, uneitel und bescheiden zu sein.

Zur Partei neuen Typs gehört elementar auch die Förderung wirklicher überparteilicher Selbstorganisation der Massen. Das Geheimnis der Partei neuen Typs ist das ständige Training der bewussten Anwendung der dialektischen Methode auf dem Niveau der Lehre von der Denkweise und des systemischen  Denkens.

Rote Fahne: Was er wartet uns neben dem bereits Genannten am 26. bis 28. August in und um das Willi-­Dickhut-­Haus?

Gabi Fechtner: Auf zwei Großveranstaltungen stehen Freitag und Sonntag Mitglieder des Zentralkomitees Rede und Antwort. Jeder ist eingeladen, für die Veranstaltungen seine Überlegungen und Erfahrungen zu 40 Jahre MLPD einzubringen. Stefan Engel wird am Sonntagvormittag eine Veranstaltung zum System REVOLUTIONÄRER WEG in 40 Jahren MLPD durchführen. Am Samstag ist ein Höhepunkt der Festakt mit der Enthüllung einer Karl-Marx-Statue, direkt neben der Lenin-Statue. Die beiden stehen dann in Deutschland einzigartig zusammen und für das „M“ und das „L“ in unserem Namen.

Vor allem werden die ganzen Tage eine richtige „Sause“, also es wird kräftig gefeiert und viel Kultur geben! Besonderes Highlight wird ein Treffpunkt der Bergleute um die Bergarbeiterbewegung „Kumpel für AUF“, die auch die internationale Bergarbeiterkonferenz 2023 vorstellen. Ich gehe davon aus, dass sich keines unserer Mitglieder nehmen lassen wird, alle Freunde, Wegbegleiter, Bündnispartner und viele neue Interessierte dahin mitzubringen. Ich freue mich schon riesig auf euch alle und diese tollen Tage – bis bald in Gelsenkirchen!

Rote Fahne: Vielen Dank für das Interview und noch viel Erfolg bei den Vorbereitungen