Kasten
Einige Kritiker der "Antideutschen" und des Zionismus
36 jüdische Organisationen aus aller Welt veröffentlichten 2018 eine gemeinsame Erklärung. Man beobachte »mit wachsender Sorge das sich Einschießen auf Gruppen, die palästinensische Rechte und speziell die gewaltfreie Boykottbewegung BDS unterstützen«. In diesem Zusammenhang kritisieren sie oft die »zynische und falsche Anschuldigung« des Antisemitismus. Dies mische »auf gefährliche Weise antijüdischen Rassismus mit Opposition gegen Israels Politik … der Besatzung und Apartheid«.
Evelyn Hecht-Galinski, Tochter des ehemaligen Zentralratsvorsitzenden der Juden in Deutschland, Heinz Galinski. Publizistin und Autorin: »Im Initiieren von Schmutz- und Hetzkampagnen kennt er (Volker Beck, d. Verf.) sich aus, besonders wenn es gegen Israel-Kritiker geht, die sich für ein freies Palästina einsetzen. Nicht das Internationalistische Bündnis und die MLPD sind terroristisch, sondern es sind die ›Querfrontler‹, wie unter anderem die ehemalige AfD-Vorsitzende Frauke Petri, die jetzt ein ›prowestliches und proisraelisches‹ Programm verfolgen will. Da kann sie sich mit Volker Beck zusammentun!«
Rolf Verleger, Sohn von Überlebenden der Shoah, Neuropsychologe: »Die meisten Deutschen – ob Christen, Muslime oder Atheisten, … sind wohl in der Lage, einen Unterschied zu machen zwischen ihrer Einstellung zu Menschen jüdischen Glaubens … und der berechtigten Verurteilung der Diktatur des sich selbst ›jüdischer Staat‹ nennenden Israel über die ihres Landes beraubten Palästinenser.«
Jüdische Antifaschistischen Aktion Berlin (April 2017): »Wir, jüdische Linke, vor allem MigrantInnen aus Israel, sind systematischer Gewalt seitens der deutschen Linken ausgesetzt, vor allem seitens derer, die vorgeben, Israel zu lieben. ... Gleichzeitig sind wir uns darüber im Klaren, dass selbst Teile der Linken mit der Israelischen Botschaft und diversen ›Hasbara‹ (Propaganda)-Organisationen kooperieren. Das mag nach Verschwörungstheorie klingen, tatsächlich gehört das Ausspionieren linker Organisationen aber seit vielen Jahren explizit zur offiziellen Politik des Staates Israel.«
SDAJ (Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend), Dortmund, nach Überfällen von »Antideutschen« im Jahr 2010: »Diese Ideologien und das daraus resultierende Handeln dienen, entgegen ihren radikalen antifaschistischen Phrasen, objektiv betrachtet der Spaltung und Zersetzung der antifaschistischen und allgemein fortschrittlichen Kräfte. Die Nutznießer sind vor allem faschistische Organisationen. ... In letzter Konsequenz wird dadurch die Gegenwehr gegen die herrschenden und sich zuspitzenden gesellschaftlichen Verhältnisse gelähmt und behindert.«
Annette Groth, Politikerin der Linkspartei, früher Mitglied im Bundestag, eine der Schirmfrauen des Rebellischen Musikfestivals, berichtet über eine Konferenz in der evangelischen Akademie Bad Boll am 15. September 2018, mit 90 Teilnehmern: »Trotz der heftigen und zahlreichen Drohmails und Drohanrufe, trotz verleumderischer Artikel in der Welt, der Taz, der Jüdischen Allgemeinen und der Forderung des Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung, Felix Klein, die Konferenz abzusagen, ist die Akademie standhaft geblieben und hat die Tagung durchgeführt.« Schon in der Konferenzankündigung hieß es: »Die konstruktive Auseinandersetzung mit dem Konflikt ist in Europa in eine Krise der Dialogfähigkeit geraten. Fast jede kritische Äußerung … wird massiv gestört und durch unterschiedliche Vorwürfe, insbesondere dem des Antisemitismus, blockiert.« Weiter schreibt sie: »Im Kontext der Initiative des Bundespräsidenten, der am 23. 9. zu einem Dialog zwischen Andersdenkenden unter dem Motto ›Deutschland spricht‹ aufgerufen hat, erhält die Verweigerung des Dialogs noch eine zusätzliche Bedeutung. Für eine demokratische Gesellschaft ist dieser Zustand unerträglich, denn die Unterdrückung von ›anderen‹ Meinungen ist ein Charakteristikum von autoritären Regimen.« 1 Sie kritisiert, dass »bei den Linken, bei attac oder anderen Gruppen der Zivilgesellschaft aus lauter Angst vor Diffamierungen dieses wichtige Thema ausgeklammert wird. Das führt zum Duckmäusertum und zur berühmten Schere im Kopf.«
Organisatoren einer Konferenz gegen die regierungsamtliche Instrumentalisierung von Antisemitismus-Vorwürfen, am 10. Februar 2018, mit 230 Teilnehmern: »Der Rechtsrend in der westlichen Welt hat bizarre Erscheinungsformen. Linke werden als Nazis, jüdische Antifaschisten als Verräter diffamiert. ... Die im September vom Deutschen Bundestag angenommene groteske Antisemitismus-Definition, mit der so gut wie jede Kritik an Israel … als Erscheinungsform von Judenhass gebrandmarkt werden soll, zielt auf eine Kriminalisierung jüdischer Marxisten und anderer kapitalismuskritischer Linker.«
Esther Bejarano (KZ-Überlebende) und Rolf Becker (Schauspieler und Gewerkschafter) zitierten in einem Solidaritätsschreiben gegen die Diffamierung von Moshe Zuckermann folgendes Gedicht des kritischen jüdischen Dichters Erich Fried (1988 verstorben):
Sie nennen mich Verräter an meinem Volk. Sie nennen mich Jüdischer Antisemit, weil ich spreche von dem,
was sie tun in Israels Namen gegen Palästinenser, gegen Araber anderer Länder und auch gegen Juden, die totgeschwiegen werden.