Gründungsvorsitzender, Kommunistische Partei der Philippinen

Gründungsvorsitzender, Kommunistische Partei der Philippinen

Jose Maria Sison

Stefan Engel, Vorsitzender des Zentralkomitees der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD), verdient Anerkennung für sein Bestreben, die heutige Geowissenschaft zu verstehen und Wissen über die Natur zu vermitteln, insbesondere über die Lithosphäre, die Hydrosphäre und die Biosphäre und ihre dialektischen Wechselwirkungen, die seit Hunderten von Millionen Jahren, lange vor der Entstehung der menschlichen Spezies, bestehen.

In der Lithosphäre ist die Bodenbildung ein wichtiger geologischer Prozess, der für die Biosphäre und letztlich auch für die Menschheit förderlich ist. Noch grundlegender ist jedoch die Plattentektonik, die Veränderungen durch geophysikalische, chemische und biologische Prozesse verursacht. In der Hydrosphäre gab es in der geologischen Vergangenheit natürliche Zyklen von Eiszeiten und Warmzeiten, die durch Schwankungen in der Erdrotation, periodische Veränderungen der Sonnenaktivität und ausgedehnte Perioden des Vulkanismus verursacht wurden und zum Massensterben von lebenden Organismen führten.

Glücklicherweise stehen wir gegenwärtig nicht an der Schwelle zu einer Phase des globalen Massensterbens innerhalb eines solchen Zyklus. Die breitest mögliche wissenschaftliche Sichtweise erlaubt uns jedoch, die anthropogenen Faktoren für die Klimaveränderung besser einschätzen zu können. Wir können die Monopolbourgeoisie als Verantwortliche für die Umweltkrise ins Visier nehmen und das Angebot der multinationalen Konzerne ablehnen, ihr wissenschaftliches und technisches Know-how anzuwenden, die Umwelt in eine Ware umzuwandeln und sie sich als Eigentum zu sichern. Die neueste Pseudoweisheit der Umweltgipfel der imperialistischen Mächte zur Umwelt ist, dass sie selbst, die die Erde ausgeraubt, verschmutzt und vergiftet haben, auch am besten wissen, wie man sie wieder in Ordnung bringt und dabei weiter private Profite macht. Unsere Antwort an die imperialistischen Mächte und die multinationalen Konzerne ist, dass die Menschheit unter Führung des revolutionären Proletariats den Klassenkampf führen und die Monopolbourgeoisie beseitigen kann, bevor diese Klasse die Umwelt weiter verwüstet und zerstört. Die Monopolbourgeoisie und ihre Finanzoligarchie können gestürzt werden, bevor sie die Umweltkrise bis zu dem Punkt verschärfen können, an dem die Natur gezwungen sein wird, ihre eigenen Korrekturen vorzunehmen. Dann sind nicht nur die Produktivkräfte und die gesellschaftlichen Ressourcen auf ihrem bisherigen Stand, sondern sogar die Existenz der Menschheit bzw. breiter Teile davon, gefährdet.

Das dialektische Verhältnis von Mensch und Natur

Stefan Engel folgt Friedrich Engels nach, der in Dialektik der Natur bei der Erläuterung des dialektischen Materialismus anstrebte, den Erkenntnisstand der Naturwissenschaften zu seiner Zeit einzubeziehen. Es muss auch berücksichtigt werden, dass Engels großes Augenmerk auf die Anthropologie legte, insbesondere in Dialektik der Natur und in Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates.

Einige Ausführungen darüber, wie sich der Mensch durch die Arbeit geschaffen hat, zeigen, dass die dialektische Beziehung zwischen Mensch und Natur sowohl die Einheit (der Mensch als Teil der Natur) als auch den Kampf beinhaltet. Jedenfalls zitiert Engel passend aus “Anteil der Arbeit an der Menschwerdung des Affen”, was er als Grundposition des Marxismus bestätigt: Die Arbeit ist die Quelle alles Reichtums, sagen die politischen Ökonomen. Sie ist dies – neben der Natur, die ihr den Stoff liefert, den sie in Reichtum verwandelt. (Dialektik der Natur, S. 163)

Es ist von entscheidender Bedeutung, die Entwicklung der menschlichen Spezies in ihrer dialektischen Beziehung zur Natur zu verstehen. Seit der Zeit von Engels haben Anthropologen ausgearbeitet, wie sich der Hominide durch Arbeit zum Homo sapiens herausbildete, indem er den aufrechten Gang und das Greifvermögen entwickelte, Steine und andere primitive Werkzeuge zu benutzen lernte, sich die Sprache aneignete und die Anwendung und das Wachstum des Gehirns stimulierte.

Nach etwa 200 000 Jahren der Urgesellschaft entwickelte sich die Menschheit zu dem weiter, was man Zivilisation nennt. Deren Merkmale sind die Alphabetisierung, die Existenz von Klassen und die Metallurgie. Seit etwa 6 000 Jahren durchlief die Zivilisation eine Reihe von Gesellschaftsformen: die Sklavenhaltergesellschaft, die feudalistische, die kapitalistische und die sozialistische Gesellschaft.

Im Verlauf der Vorgeschichte und der Geschichte war die Beziehung zwischen Mensch und Natur eine dialektische, die durch Kampf und Einheit gekennzeichnet war und nicht einfach durch Einheit. Der Homo sapiens und seine Vorgänger in der Evolution waren Teil der Natur und waren in diesem Sinne mit der Natur verbunden. Doch die Menschheit erhob sich durch viele Kämpfe zu einem sehr bewussten und schöpferischen Teil der Natur und wurde dadurch relativ frei von den blinden Kräften der Natur und schaffte es, sie bis zu einem bestimmten Grad zu beherrschen.

Über die Jahrtausende der Zivilisation und der Klassengesellschaft brachte die Beherrschung der Natur immer höhere Stufen des menschliches Bewusstseins und der gesellschaftlichen Praxis mit sich, wie z.B. Produktion, Klassenkampf und wissenschaftliches Experimentieren. Die Produktionsweise erhöhte ihre Fähigkeit, immer größere Überschüsse zu produzieren und einen komplizierten Überbau zu fördern. Die Klassenauseinandersetzungen und Kriege wurden zur treibenden Kraft der Entwicklung (neben der destruktiven Seite). Schritt für Schritt begannen die Naturwissenschaften in der Zeit der Sklaverei mit ihren Grundlagen, kämpften zur Zeit des Feudalismus gegen religiöse und andere traditionelle Vorbehalte und machten im Zeitalter des Kapitalismus noch nie dagewesene Fortschritte.

Im Kommunistischen Manifest stellten Marx und Engels fest, wie alle großartigen Strukturen der vergangenen Jahrtausende innerhalb kurzer Zeit von den Konstruktionen des Industriekapitalismus übertroffen wurden. Die Großmaschinenproduktion unter dem Kapitalismus überflügelte alle bisherigen Fähigkeiten der gesellschaftlichen Produktion. Mit dem Fortschritt der Chemie, Biologie und der Medizinwissenschaften wurden Epidemien gestoppt. Bereits im 19. Jahrhundert wurde die metaphorische Übertreibung des “Siegs des Menschen über die Natur” von den bürgerlichen Protagonisten von Wissenschaft und Fortschritt behauptet.

In der Geschichte und unter den gegenwärtigen Bedingungen der Menschheit trägt der Monopolkapitalismus die Hauptverantwortung für die massive Ausbeutung der Arbeitskraft sowie Anwendung und Missbrauch von Wissenschaft und Technik für die Plünderung und Zerstörung der Umwelt. Vom Monopolkapitalismus bezahlte bürgerliche Umweltschützer wurden jedoch dazu benutzt, um falsche Behauptungen zu verbreiten: Der Marxismus würde sich nicht um die Umwelt kümmern, sozialistische Länder hätten sich in der Vergangenheit übermäßig mit der Produktion beschäftigt, ohne Rücksicht auf die Umwelt zu nehmen, die Grenzen des Wachstums und das schnelle Bevölkerungswachstum würden jegliches gesellschaftliche Leben in Fülle utopisch und unmöglich machen und Überlegungen zur Nachhaltigkeit würden selbst in rohstoffreichen unterentwickelten Ländern von Bestrebungen zur industriellen Entwicklung abhalten.

Stefan Engels Buch ist sehr gut und zu begrüßen, weil es die übergeordnete Bedeutung der Umwelt betont und zeigt, wie Marx und Engels und ihre verdienten Nachfolger in ihren Werken der Umweltwissenschaft sehr viel Bedeutung beigemessen haben. Es ruft zum Klassenkampf gegen die imperialistischen Mächte und die Monopolbourgeoisie auf, die in ihrem Streben nach privaten Profiten die Umwelt verwüsten und zerstören und selbst die Existenz der Menschheit aufs Spiel setzen. Engel kritisiert auch diejenigen der internationalen kommunistischen Bewegung in der Geschichte und Gegenwart, die die Umweltfrage gering geschätzt haben und verantwortlich für die nachteiligen Folgen für die Menschen und ihre Umgebung waren.

Die Umweltfrage ist in Theorie und Praxis des Marxismus-Leninismus grundlegend und unvermeidbar. Die drei grundlegenden Bestandteile des Marxismus berühren die dialektische Beziehung zwischen Mensch und Natur. Im dialektischen Materialismus stehen die Materie im Allgemeinen (die Natur oder das Universum) und die konkreten Formen der Materie auf der einen Seite und das Bewusstsein und die Fähigkeiten der Menschheit auf der anderen Seite in Wechselbeziehung. In der politischen Ökonomie müssen die Menschen in der Produktion mit den Produktionsmitteln zusammenwirken, während die Natur das Objekt der Arbeit ist oder das Material für die Arbeit liefert. In der Gesellschaftswissenschaft stehen der Klassenkampf hin zur Diktatur des Proletariats sowie die sozialistische Revolution und der sozialistische Aufbau im Kontext der Gesellschaftsverhältnisse und der Beziehungen der Gesellschaft zur Natur.

Stefan Engel zitiert treffend Marx in den 1860er Jahren (aus seinen vorbereitenden Studien für den dritten Band des Kapitals), wie der Mensch mittels der Produktion in Beziehung zur Natur tritt: „Wie der Wilde mit der Natur ringen muß, um seine Bedürfnisse zu befriedigen, um sein Leben zu erhalten und zu reproduzieren, so muß es der Zivilisierte, und er muß es in allen Gesellschaftsformen und unter allen möglichen Produktionsweisen. Mit seiner Entwicklung erweitert sich dies Reich der Naturnotwendigkeit, weil die Bedürfnisse; aber zugleich erweitern sich die Produktivkräfte, die diese befriedigen. Die Freiheit in diesem Gebiet kann nur darin bestehn, daß der vergesellschaftete Mensch, die assoziierten Produzenten, diesen ihren Stoffwechsel mit der Natur rationell regeln, unter ihre gemeinschaftliche Kontrolle bringen, statt von ihm als von einer blinden Macht beherrscht zu werden; ihn mit dem geringsten Kraftaufwand und unter den ihrer menschlichen Natur würdigsten und adäquatesten Bedingungen vollziehn.“ (Marx/Engels Werke, Bd. 25, S .828)

Im obigen Zitat beschreibt Marx, wie der Mensch dagegen kämpft, von den blinden Kräften der Natur beherrscht zu werden, um das Wissen und die Freiheit zu erlangen, sich über ein gegebenes Niveau der Notwendigkeit zu erheben und in Etappen der gesellschaftlichen Entwicklung bis zum Sozialismus und Kommunismus größere Produktionskräfte zu mobilisieren. Die gesellschaftliche Produktion ist der Weg des Menschen, um die Naturkräfte zu beherrschen und zu kontrollieren. Diese entwickelt sich weiter zusammen mit dem Fortschritt des Klassenkampfes gegen die Plünderer der menschlichen und natürlichen Ressourcen und mit der Weiterentwicklung von Wissenschaft und Technik. Die Gesetze der Natur und der gesellschaftlichen Entwicklung müssen verstanden, respektiert und im Dienste der Menschheit angewendet werden.

Natur und Arbeit als Quellen des materiellen Reichtums

Stefan Engel bewertet hervorragend, wie Marx sowohl die Natur als auch die Arbeit als Quellen des materiellen Reichtums betrachtete und wie er diejenigen kritisierte, die sagten, dass die Arbeit Quelle allen materiellen Reichtums sei. Er lehnte die Erklärung von Adam Smith ab, dass die einzige Quelle des materiellen Reichtums bzw. der Gebrauchswerte die Arbeit im Allgemeinen sei. Er stimmte der Aussage des Physiokraten William Petty zu, dass sowohl die Arbeit als auch die Natur die Quelle des materiellen Reichtums sind und dass diese der Vater bzw. die Mutter seien. Der Urmensch wusste von Anfang an, dass die Natur die Steinwerkzeuge, das Obst zum Sammeln und die Tiere zum Jagen zur Verfügung stellt.

Engel führt das, was er als Vernachlässigung der Umweltfrage betrachtet, auf die falsche Aussage des Gothaer Programms zurück, dass die Arbeit Quelle allen Reichtums sei, und auf die lange Unterdrückung von Marx' Kritik des Gothaer Programms, die besagte: “Die Arbeit ist nicht die Quelle alles Reichtums. Die Natur ist ebensosehr die Quelle der Gebrauchswerte (und aus solchen besteht doch wohl der sachliche Reichtum!) als die Arbeit, die selbst nur die Äußerung einer Naturkraft ist, der menschlichen Arbeitskraft. … Nur soweit der Mensch sich von vornherein als Eigentümer zur Natur, der ersten Quelle aller Arbeitsmittel und -gegenstände, verhält, sie als ihm gehörig behandelt, wird seine Arbeit Quelle von Gebrauchswerten, also auch von Reichtum.“ (Kritik des Gothaer Programms, Marx/Engels, Werke, Bd. 19, S.15).

Engel lobt die Errungenschaften der sozialistischen Sowjetunion bei der Vollendung des historisch einmaligen Entwicklungsprozesses von einer rückständigen Agrarwirtschaft zu einer führenden Wirtschaftsmacht und führt diese Entwicklung auf die feste Grundlage des Marxismus-Leninismus, die Diktatur des Proletariats, eine sozialistischen Planwirtschaft und die Mobilisierung der Millionenmassen zurück. Er kritisiert jedoch das sowjetische Lehrbuch der Politischen Ökonomie von 1954, das die Umweltfrage ignorierte. Er kritisiert auch Gleb Maximilianowitsch Krshishanowski, Autor von “Die Grundlagen des technisch-ökonomistischen Rekonstruktionsplanes der Sowjetunion”, für seine überhebliche Forderung nach der “Unterwerfung der Elementargewalten” unter die Ziele der ökonomischen Entwicklung.

Stefan Engel beschreibt das Umweltproblem umfassend und tiefgehend. Aus Willi Dickhuts Buch von 1984 Krisen und Klassenkampf schöpft er die Definition der Umweltkrise als Veränderung in eine beschleunigte Phase der Zerstörung von Boden, Wasser, Luft, Flora und Fauna, die alle grundlegenden Lebensbedingungen berührt, sowie die Analyse der für die Krise verantwortlichen wesentlichen Faktoren wie folgt:

(1) die beschleunigte Zunahme des Verbrauchs an Rohstoffen und Energie, (2) eine neue Qualität der radioaktiven Verseuchung und der Vergiftung durch Substanzen aus der Massenproduktion von Chemikalien, (3) die Überausbeutung und Zerstörung des fruchtbaren Bodens aufgrund der Überdüngung und des massiven Einsatzes von Pestiziden in der Landwirtschaft, (4) die Ausdehnung der Städte (Überentwicklung mit Fabriken, Straßen, Häusern), (5) extreme Überausbeutung der Natur in den abhängigen Ländern durch den Neokolonialismus, (6) das Zurückfahren von Investitionen in den Umweltschutz durch die Monopole infolge der verschärften globalen imperialistischen Konkurrenz und (7) die drohende Zerstörung von Mensch und Natur durch imperialistische Kriege, Militarisierung und steigende Waffenproduktion.

Diese schädlichen Faktoren haben unter der neoliberalen und aggressiven Politik der imperialistischen Mächte unter Führung der USA zugenommen und sich verschlechtert. Die oft zitierte Ursache der Klimaveränderung, wie die globale Erwärmung und die noch nie dagewesenen zerstörerischen und häufigen Unwetter, ist der ständig wachsende Ausstoß von Kohlendioxid und die Zerstörung der Ozonschicht aufgrund des unaufhörlichen und zunehmenden Einsatzes von fossilen Brennstoffen. Die USA sind dafür berüchtigt, sich in der Forschung und dem Einsatz von Wetter-Kriegsführung zu engagieren, die die Auswirkungen der globalen Erwärmung manipuliert. Sie haben auch die Anwendung des Fracking-Verfahrens für die Gewinnung von Gas ausgedehnt, wodurch das extrem starke Treibhausgas Methan in die Atmosphäre freigesetzt, das Grundwasser vergiftet und potentielle Erdbeben verursacht werden.

Stefan Engel ruft die marxistisch-leninistischen Parteien und Volksorganisationen dazu auf, die Umweltfrage global aufzugreifen und den Widerstand gegen die imperialistischen Pläne zur Zerstörung der Umwelt aufzubauen. Er ruft sie dazu auf, den Klassenkampf mit dem Kampf gegen die Zerstörung der Umwelt zu vereinen und das kapitalistische System zu stürzen, denn seine Ersetzung durch eine sozialistische Gesellschaft ist eindeutig die Lösung des Problems.

Wir betrachten Engels Buch als einen erneuten Aufruf an alle revolutionären Parteien des Proletariats und an die breiten Volksmassen, die marxistisch-leninistische Theorie und Praxis mit den Fortschritten der wissenschaftlichen Erkenntnis zu erweitern und zu stärken, die Führung des Klassenkampfes des Proletariats und anderer Werktätiger gegen die große Monopolbourgeoisie beharrlich fortzusetzen und dabei die Umweltfront einzuschließen und die dialektische Einheit von Mensch und Natur zu wahren, während wir uns vereinen und für eine leuchtende sozialistische Zukunft kämpfen.