Leserbrief
Sindelfingen: Gedenkfeier für Erdbebenopfer wird zur Propagandashow für Erdoğan
Leserbrief einer Kollegin an die Sindelfinger Zeitung zur Berichterstattung über die Veranstaltung auf dem Marktplatz und Stellungnahme des Deutsch-Kurdischen Kultur Vereins
Dieser Leserbrief ging an die Sindelfinger Zeitung:
"Sehr geehrte Damen und Herren,
werte Kolleginnen und Kollegen,
mit der Bitte um Veröffentlichung:
zum Thema Gedenkveranstaltung auf dem Sindelfinger Marktplatz
Freitag 17 Februar
Ja, es war gut und richtig gemeinsam die Erdbebenopfern zu gedenken und
ja, wir schauen gemeinsam fassungslos auf die täglichen Schreckensmeldungen und versuchen Solidarität zu zeigen und Hilfe zu leisten.
Großen Respekt für die Hilfsbereitschaft und den Einsatz die so viele Menschen unentgeltlich leisten.
Doch kann man wirklich davon sprechen daß „alle Unterschiede beiseite gelegt wurden“ wie Generalkonsulin Kocak sagte, angesichts der Tatsache, dass in Diyarbakir die Menschen verzweifelt hinter Zäunen auf Nachricht über die Verschütteten warteten , staatliche Hilfe sie nicht oder zu spät erreichte? Oder daß noch einen Tag nach dem Erdbeben in Nordsyrien kurdische Gebiete von türkischen Flugzeugen bombardiert wurden ?
Die Redaktion schreibt auf der gleichen Seite „ die Politik bleibt am Mittwoch in Sindelfingen dennoch in Hintergrund“ Das kann ich als anwesende Bürgerin so nicht bestätigen. Sogar auf dem veröffentlichten Photo sind ein Dutzend türkische Fahnen erkennbar. Sie wurden auch zu Dutzenden auf dem Marktplatz verteilt. Sicher soll das Recht eine Fahne zu tragen hoch gehalten werden. Es waren jedoch keine kurdischen Fahnen erlaubt, werden dann „alle Unterschiede beiseite gelegt ?“
Es ist vielmehr so, dass durch eine angebliche „Gemeinsamkeit“ verwischt und verharmlost wird was sich tatsächlich in der Türkei abspielt. Es ist die kriminelle Baupolitik einiger korrupter Politiker und Baufirmen unter Leitung des Präsidenten Erdogan die für die katastrophalen Folgen dieses Bebens verantwortlich ist. Ein Präsident, der Geologie aus dem Lehrplan streichen und dafür Religion unterrichten lässt. Ein Präsident der die seit mehr als 20 Jahren eingetriebene "Erdbebensteuer" in Höhe von 38,4 Milliarden US-Dollar nicht für den Erdbebenschutz, sondern für den Bau sonstiger Bauprojekte zweckentfremdet hat. Alle diese Fakten sind in ihre Zeitung nach zu lesen!
Solidarität ? Ja unbedingt. Weiter spenden Ja! allerdings nicht an Stellen und Konten die über die offiziellen regierungsnahen Institutionen laufen. Denen zu misstrauen ist angebracht. Die türkische Regierung verfügt über die modernste Kriegstechnologie und reagiert sofort auf jegliche demokratische Bewegung mit massiver Repression. Aber in den meisten betroffenen Städten war der Regierungsapparat wie vom Erdboden verschluckt."