Willi Dickhut
Die Methode der Liquidatoren
Grundsätzliche Briefwechsel und Dokumente Willi Dickhuts 1976
Liebe Genossen! 17. 11. 76
In der Stellungnahme der Redaktion Revolutionärer Weg »Die pseudomarxistischen Methoden der Frankfurter Liquidatoren«, Rote Fahne 22/76, geht es darum, »die Methode Jacobs als stümperhaft, unehrlich, als unwissenschaftlich und pseudomarxistisch« zu entlarven. Das gelingt anhand der angeführten Beispiele auch sehr gut. Nun wird aber die Frage nach dem Warum und Wozu nur andeutungsweise behandelt. Der Leser muß sich fragen: Warum wird eigentlich soviel Wert darauf gelegt, die Methode von Jacob zu entlarven? Ist denn damit schon der ganze Jacob entlarvt?
Ich erinnere mich an den Herbst 1975, wo ich an den Angriffen auf den KABD beteiligt war. Damals kritisierte ich ausführlich die undialektische und unehrliche Methode im Tübinger »Brief der drei Ortsleitungen«; mit dem Inhalt jedoch, der kleinbürgerlichen Linie, die dahinter stand, war ich einig. Erst später begriff ich, daß Methode und Inhalt zusammengehörten, daß jemand, der eine kleinbürgerliche Linie vertritt, notgedrungen zu unmarxistischen Methoden greifen muß, ob gewollt oder ungewollt. Und so ist es doch auch bei der Jacob-Gruppe. Das Entscheidende ist nicht ihre Methode als solche, sondern das, was damit bezweckt werden soll.
Auch bei der Untersuchung der Methode ist doch die wichtigste Frage, vor allem für einen Arbeiter, der den Artikel in der Roten Fahne liest, wie sie sich auf die Entwicklung des Klassenkampfs auswirkt beziehungsweise auswirken soll. Selbst wenn man voraussetzen wollte, daß sich der Leser anhand bisheriger Rote-Fahne-Artikel schon gründlich mit den Jacob-Liquidatoren auseinandergesetzt hat, ist es notwendig, immer wieder dieses Entscheidende, die Auswirkung auf die revolutionäre Praxis, hervorzuheben. Und das kommt meiner Ansicht nach in der Stellungnahme zu kurz. Vor allem fiel mir das bei dem ersten Abschnitt: »Die Wechselwirkung von Theorie und Praxis« auf. Die Frage »Warum führt Jacob das Zitat Mao Tsetungs nicht zu Ende?« wird beantwortet: »Weil seine pseudomarxistische Methode der Zerstückelung der Mao-Tsetung-Zitate ihn sofort entlarven würde. Es bedeutet nichts anderes als einen Taschenspielertrick, mit dem er seine eigenen Anhänger täuschen will, um sie bei der Stange zu halten.« Aber wozu er seine Anhänger bei der Stange halten will beziehungsweise, daß sich diese Stange gegen die Arbeiterklasse richtet, das wird auch durch das folgende Mao-Tsetung-Zitat »Zugleich …« meiner Meinung nach nur sehr schwer verständlich.
Ich muß allerdings auch dazu sagen, daß ich persönlich wahrscheinlich wegen meiner geringen Praxis überhaupt große Schwierigkeiten habe, die Frage von Theorie und Praxis richtig zu begreifen!
Liebe Genossen, ich wäre Euch sehr dankbar für eine Antwort.
Rot Front!
Elke
Liebe Genossin Elke! 1. 12. 76
Die Redaktion Revolutionärer Weg hat Deinen Brief vom 17. 11. 76 erhalten. Du schreibst: »Warum wird eigentlich soviel Wert darauf gelegt, die Methode von Jacob zu entlarven? Ist denn damit schon der ganze Jacob entlarvt?« Mir scheint, Du unterschätzt die Methoden der Liquidatoren, obwohl der ideologischpolitische Kampf gegen das Liquidatorentum die Hauptseite ist. Dieser wurde darum als erstes durch den Rundbrief der Zentralen Kontrollkommission vom 9. 3. 76 und den Aufruf der Zentralen Kontrollkommission zur Kritik-Selbstkritik-Bewegung, dann durch die Erklärung der Zentralen Leitung des KABD in der Roten Fahne 11 und zuletzt durch den Revolutionären Weg 15 in ausreichendem Maße behandelt. Das kann Jacob vom ideologisch-politischen Inhalt her nicht widerlegen, darum wendet er eine pseudomarxistische Methode an, um den KABD zu verleumden und zu versuchen, seine Anhänger gegen unsere drei Organisationen aufzuhetzen und ideologisch-politisch nicht gefestigte Genossen zu verunsichern. Diese Methode ist deshalb pseudomarxistisch, weil mit zerstückelten Zitaten aus den Werken unserer Klassiker bestimmten Aussagen aus den Schriften des KABD ein anderer Sinn unterschoben wird.
Diese Methode mußte unbedingt entlarvt werden, weil sie der Nährboden von verschiedenen Gerüchten ist. Solche Gerüchte werden von den Frankfurter Liquidatoren systematisch verbreitet, so zum Beispiel die »Fälschung« des angeführten Mao-Tsetung-Zitats. Die Entlarvung solcher Gerüchte ist nicht nur wichtig, um unseren Genossen eine Waffe gegen die Liquidatoren in die Hände zu geben, sondern auch, um die Anhänger Jacobs zu verunsichern, die solche Tiraden Jacobs geglaubt haben. Diese Verunsicherung wird um so größer werden, je unsachlicher und unwissenschaftlicher Jacob vorgeht. Dazu kommt, daß er die Praxis liquidiert hat, was, je länger es dauert, bei seinen Anhängern eine tiefe Unzufriedenheit hervorrufen wird.
In Deinem Brief ist mir unverständlich, wie Du annehmen kannst, daß in der Stellungnahme der Redaktion des Revolutionären Wegs die Entlarvung der Methode der Liquidatoren vom Inhalt der liquidatorischen Auffassung getrennt sei. Inhalt und Methode sind eine dialektische Einheit, wobei am Anfang die inhaltliche Auseinandersetzung die Hauptseite war und jetzt die Entlarvung der Methode zur Hauptseite geworden ist. Das kann in nächster Zeit eventuell wieder anders sein. Die Wechselwirkung zwischen beiden Seiten, zwischen Inhalt und Methode des Liquidato-rentums, spielt bei der Entlarvung der Liquidatoren verschiedener Gruppierungen eine wichtige Rolle, wobei sich das Gewicht verlagert. Du kannst doch nicht im Ernst bestreiten, daß die Entlarvung der Methode der Frankfurter Liquidatoren grundsätzlich, das heißt ideologisch-politisch, geführt wurde. Ich hätte eher verstehen können, Du wärest der Meinung, daß die Entlarvung der Methode etwas zu theoretisch ausgefallen ist.
Die Entlarvung der Methode der Liquidatoren geschieht inhaltlich als Kampf zweier Linien, der proletarischen Linie gegen die kleinbürgerliche Linie der Frankfurter Liquidatoren, denn die pseudomarxistische Methode und die kleinbürgerliche Linie sind zwei Seiten einer dialektischen Einheit. In der Auseinandersetzung mit den Frankfurter Liquidatoren trat zuerst die kleinbürgerliche Linie der Klausurtagung bei Jacob als Hauptseite hervor, dann wechselte die Hauptseite zur pseudomarxistischen Methode über, als die kleinbürgerliche Linie geschlagen wurde und Jacob glaubte, mit dieser Methode eher ans Ziel zu kommen. Seine kleinbürgerliche Linie wurde geschlagen, nunmehr mußte seine pseudomarxistische Methode entlarvt und geschlagen werden. Das ist der Sinn der Stellungnahme der Redaktion des Revolutionären Wegs in der Roten Fahne 22/76.
Rot Front!
Redaktion des Revolutionären Wegs
i. A. Willi